Die Buchhandlung in der Amalienstraße
Ein fesselnder historischer München-Roman von der Erfolgsautorin Heidi Rehn
Heidi Rehn
List HC
Der Krieg steht bevor. Düstere Zeiten brechen an. Zwei Buchhändlerinnen setzen für ihre Überzeugungen alles aufs Spiel.
München, 1913. Für die rebellische Elly wird ein Traum wahr, als sie in der Buchhandlung in der Amalienstraße ihre Ausbildung beginnen darf. Zusammen mit ihrer wissbegierigen Freundin Henni liest sie jedes Buch, das ihr in die Finger kommt. Gegen alle Widerstände gründen Elly und Henni einen Salon für Schriftstellerinne. Die harsche Zensur des Kaiserreichs lässt nichts unversucht, um den modernen Frauen Steine in den Weg zu legen. Doch dann bricht der erste Weltkrieg über die jungen Buchhändlerinnen hinein. Als Ellys Freund Leo an die Front gerufen wird, können sie sich nicht mehr in ihre Bücher flüchten …
© Foto: Susie Knoll
Heidi Rehn
Geboren und aufgewachsen im romantischen Mittelrheintal kam Heidi Rehn zum Studium nach München. Und blieb aus Liebe in der Stadt an der Isar hängen, auch wenn ihr dort der Blick auf den Rhein und überhaupt der Anschluss an einen vernünftigen Fluss sehr abgeht.
Nach dem Studium arbeitete sie als Assistentin an der Uni, wurde PR-Beraterin in einer Agentur, machte sich als freie Journalistin, Texterin und Autorin selbständig. Ihr erster Roman erschien pünktlich zur Jahrtausendwende. Seither wächst die Publikationsliste fast jährlich um ein neues Werk. Außerdem veröffentlicht sie Kurzgeschichten in Anthologien. Mit dem "Haus der schönen Dinge" (Knaur 2017), einem Roman über eine jüdische Warenhausdynastie von der Kaiserzeit bis zur Reichspogromnacht 1938, gelang ihr erstmals der Sprung auf die Bestsellerliste. 2014 wurde sie mit dem "Goldenen Homer" für den besten Gesellschafts- und Beziehungsroman ausgezeichnet.
Die Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist eines ihrer großen Themen in ihren Romanen und Krimis. Da jedoch nie alles, was sie mit größter Leidenschaft über den historischen Background zusammenträgt, zwischen die Buchdeckel passt, und sie sowieso „vor Ort“ lebt, bietet sie als „Kopfkino live“ Spaziergänge „Auf den Spuren von...“ zu den Schauplätzen ihrer München-Romane an.
Ab sofort sind diese Romanspaziergänge virtuell auf YouTube erlebbar:
https://www.youtube.com/channel/UCO3qRWFTyXn29uqtejJ7rtg
Ein exklusives Interview mit der Autorin
Warum bist du im SYNDIKAT?
Weil ich den Austausch mit Kolleg*innen gerade für uns einsame Schreibtischtäter*innen absolut unverzichtbar finde – noch dazu in einer so großartigen Truppe!
Dein Sehnsuchtsort?
Paris
Dein Lieblingsort zum Schreiben?
Mein Balkon mit Blick ins Grüne
Was möchtest du in der Welt gerne ändern?
Dass immer noch zu viel Gewalt, Hass und Missgunst unterwegs ist – im Kleinen wie im Großen
Was soll so bleiben wie es ist?
Dass nach Regen auch künftig immer wieder von Neuem die Sonne scheint
Welches ist dein Lieblingskrimi?
„Der Name der Rose“ von Umberto Eco
Deine persönlich meist gehasste Frage?
Warum schreiben Sie?
Leseprobe
München, Mitte März 1910
Der Abend hatte sich gelohnt. Elly wusste jetzt, was sie werden wollte: ausgebildete Buchhandelsgehilfin. Und ebenso wusste sie, was sie keinesfalls werden wollte: abhängig von einem Mann, der ihr den Lebensunterhalt sicherte. Sie würde auf eigenen Beinen stehen, unabhängig durch einen Beruf, der ihr schon lange am Herzen lag. Der Vortrag im Verein für Fraueninteressen hatte ihr gezeigt, wie ihr das gelänge. Sie platzte vor Ungeduld, mit Henni darüber zu sprechen.
Beim Verlassen des Saales blickte sie über die Anwesenden. Fast nur Frauen, fast alle zwischen zwanzig und vierzig Jahre alt, älter als Henni und sie, und fast alle aus den gleichen gutbürgerlichen, gebildeten Kreisen so wie sie, aber nicht wie Henni. Das aber würde künftig ebenso wenig eine Rolle spielen wie das Geschlecht, wie die Berliner Buchhändlerin Marie Lesser vorhin ausgeführt hatte. Vor zehn Jahren habe das zwanzigste Jahrhundert begonnen. Das Zeitalter, in dem Frauen ein eigenständiges Leben führten, ganz nach ihren Vorstellungen und intellektuellen Fähigkeiten, unabhängig von der Herkunft. Eine Beschäftigung im Buchhandel biete die ideale Voraussetzung dafür. Kein Wunder, dass der Anteil der Frauen in der Branche seit Jahren kontinuierlich steige. Seit zwei Jahren existiere sogar ein Buchhandelsgehilfinnenverein, der den weiblichen Angestellten und ihrer zunehmenden Bedeutung im Börsenverein Gehör verschaffe.
Für Elly bestand kein Zweifel: das war ihre Chance!
„Der Vortrag war großartig, findest du nicht?“
Beschwingt zog sie ihre Freundin Henni in die dunkle Märznacht hinaus. Schneeflocken wirbelten durch die kalte Luft. Sie breitete die Arme zur Seite, legte den Kopf in den Nacken und tanzte übers Trottoir.
Manche der Frauen, die wie sie den Vortrag besucht hatten und sich nun auf den Heimweg machten, sahen missbilligend zu ihr herüber. Andere schüttelten den Kopf, wobei nicht genau zu entscheiden war, ob zustimmend oder ebenfalls indigniert. Einige gar nicht so wenige aber lächelten.
„Recht haben Sie, Fräulein!“ Eine Dame mittleren Alters applaudierte ihr. „Wäre ich noch einmal so jung wie Sie, dann würde ich auf mein Höheres-Tochter-Dasein pfeifen und mich schnellstmöglich um eine Lehrstelle im Buchhandel bemühen.“
„Das ist unsere Chance! Die müssen wir ergreifen.“ Nach einer letzten, schwungvollen Pirouette um die eigene Achse hüpfte Elly zu Henni zurück, schlang sich den Schal enger um den Hals und hakte sich bei ihr unter.