Im Auftrag des Stadtvogts
Wolfgang Kemmer

Gmeiner-Verlag

Taschenbuch

ISBN 978-3-8392-2131-0
2017. Auflage

13,– € [D], SFr. 19,50 [CH], 13,40 € [A]
Anno 1548 – Reichstag in Augsburg. Der erste Religionskrieg auf deutschem Boden ist beendet. Karl V. hat die Anhänger der Reformation in die Schranken verwiesen. Nur der abgesetzte sächsische Kurfürst Johann Friedrich trotzt dem Kaiser sogar noch in der Gefangenschaft. Sein ehemaliger Jagdhelfer sucht derweil in der Maske des Bärenführers Barnabas unter den kaiserlichen Landsknechten nach dem Mörder seiner Familie und muss schmerzhaft erkennen, wie wenig Wahrheit und Gerechtigkeit im Machtspiel der Großen zählen.
Wolfgang Kemmer

Wolfgang Kemmer

geboren im Hunsrück, studierte Germanistik, Anglistik und Angloamerikanische Geschichte in Köln und arbeitete anschließend als Lektor in einer Münchner Literaturagentur. Heute lebt er als freier Lektor und Autor mit seiner Familie in Augsburg. Er schreibt Krimis und historische Romane und betreute als Herausgeber viele Jahre den Kurzkrimi-Podcast für Jokers-Weltbild. 2011 war er nominiert für den Agatha-Christie-Preis.

Im Auftrag des Stadtvogts ist die Empfehlung der Woche der SYNDIKATs-Redaktion vom 11. Juni 2018

Drei Fragen an Wolfgang Kemmer

Warum haben Sie sich für ein Leben mit dem Verbrechen entschieden?

Gibt es ein Leben ohne Verbrechen?

Was ist Ihre Lieblingstatwaffe?

Im Mittelalter greife ich meistens zu Stichwaffen. Der Katzbalger gefällt mir gut, schon allein aufgrund des schönen Namens.

Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?

Nichts. Ich bekenne mich schuldig.

Kritikerstimmen

Anschaulich führt Kemmer, der aus Simmern im Hunsrück stammt und seit 2000 in Augsburg lebt, in die Blütezeit der Stadt, in der aber auch derbe Sitten und ein ruppiger Umgang herrschten und der Stellenwert eines Menschenlebens gering war. Eine spannende Mischung aus historischem Roman und Krimi ist dem Schriftsteller damit in seinem fünften Buch gelungen.

Die Geschehnisse in „Im Auftrag des Stadtvogts“ entwickeln sich zu einer Geschichte um Rache und Gerechtigkeit, deren Ursprung Kemmer in einem Prolog vorwegnimmt. Obwohl der Leser von Beginn an um die Hintergründe weiß, bleibt es spannend. Politische und private Zusammenhänge verwebt der Autor zu einem dichten Panorama des Alltags in jener Zeit.

Augsburger Allgemeinen Zeitung

Leseprobe:

Er warf noch einen prüfenden Blick in die Richtung, in der die letzten Spanier zwischen den Bäumen verschwunden waren, dann stand er auf, trat aus dem Gebüsch und schritt seinen Untergebenen voraus. Sie waren zu sechst, zerlumpte wenig vertrauenerweckende Gestalten, die im Gegensatz zu den in den Farben Albas gekleideten Elitetruppen des Herzogs keine einheitliche Kleidung, sondern die wild zusammengewürfelte bunte Tracht der Landsknechte trugen, der nur die gepufften und geschlitzten Hemden und Hosen und die prahlerisch ausgepolsterten Hosenlätze gemein waren. Gerüstet war lediglich der Rottenführer mit einem leichten Reiterharnisch über dem Lederwams. Trotz ihres abgerissenen Äußeren marschierten sie nun, da die spanischen Soldaten abgezogen waren, mit der geschwellten Brust von Siegern durch den Wald.
Der Bär witterte sie schon von Weitem, war aber in den letzten Stunden so vielen fremden Gerüchen ausgesetzt gewesen, dass er erst unruhig wurde, als sie schon fast vor seinem Zwinger standen.
„Na, wenn das nicht einen schönen warmen Pelz für den Winter gibt!“, rief der Vernarbte und stieß sein Schwert zwischen den Gitterstäben hindurch nach dem Tier.
Der Bär wich zurück und brüllte wütend. Aus der Hütte kam ein Mann gelaufen, der an Größe dem Bären nichts nachstand und seiner Kleidung nach zu schließen einer der kurfürstlichen Jagdaufseher sein musste. Beim Anblick der Landsknechte und Hermanns gezücktem Schwert runzelte er die Stirn. „Lasst das Tier in Frieden“, sagte er und trat dem Vernarbten furchtlos entgegen, obwohl er selbst keine Waffe trug.
„Schaut euch den an!“ Hermann lachte dröhnend. „Ein feiger Bärenhäuter, der bei den Weibern hinterm Ofen liegt, während Männer in den Krieg ziehen. Aber mir will er vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe!“
Der Mann erwiderte nichts, sondern hielt dem Blick des Vernarbten ruhig stand. Eine kleine Ewigkeit standen sie sich gegenüber. Außer dem bedrohlichen Fauchen des Bären war nichts zu hören. Selbst die Vögel schienen verstummt zu sein. Da ertönte ein Wiehern hinter Hermann und ließ ihn herumfahren. Richard und Oswald waren auf ihren Pferden herangekommen und führten die übrigen am Zügel mit. Der Jagdhüter, der sie von Weitem hatte kommen sehen, nutzte die Unaufmerksamkeit seines Kontrahenten und schob den Riegel des Zwingers zurück, um die Gittertür zu öffnen und den Bären herauszulassen. Doch er war zu langsam.