Letzte Ehre
Friedrich Ani

Suhrkamp Verlag

Broschur

ISBN 978-3-5184-2990-7

22,– € [D], SFr. 31,50 [CH], 22,70 € [A]

Die siebzehnjährige Finja Madsen ist nach einer Party nicht nach Hause gekommen. Es gibt keine Zeugen, keine äußeren Anhaltspunkte dafür, was mit ihr passiert ist. Die Ermittlungen stecken fest. Oberkommissarin Fariza Nasri vernimmt Personen aus dem Umfeld der Vermissten, darunter auch den Freund der Mutter, Stephan Barig. In dessen Haus hat die Party stattgefunden, während er das Wochenende mit zwei Bekannten auf dem Land verbrachte. Barig gibt gewissenhaft Auskunft. Nasri hört zu, stellt Fragen – und ist sich mit einem Mal sicher, dass der Mann lügt. Doch hat er wirklich etwas mit dem Verschwinden der jungen Finja zu tun, oder verbirgt er etwas ganz Anderes?


 


Die Suche nach einem verschwundenen Mädchen wird mehr und mehr zu einem Horrortrip durch die Abgründe männlicher Machtfantasien und die Verwüstungen, die sie hinterlassen. Fariza Nasri gerät in einen Strudel der Gewalt, der sie immer weiter mitreißt, bis sie darin zu ertrinken droht. Ein packender, schmerzhafter und düsterer Roman.

Friedrich Ani

© Peter von Felbert

Friedrich Ani

Geboren 1959 in Kochel am See. Von 1981 bis 1989 arbeitete er als Reporter und Hörfunkautor. Seine Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Staatlichen Förderungspreis für Literatur des Bayerischen Kultusministeriums, dem Literaturförderpreis der Stadt München sowie dem "Radio-Bremen-Krimi-Preis". Seinen Roman "Die Erfindung des Abschieds" wählten Kritiker in der Schweiz als einziges deutschsprachiges Buch unter die zehn besten Kriminalromane der neunziger Jahre. Für fünf seiner Romane um den Vermisstenfahnder Tabor Süden erhielt Ani den Deutschen Krimipreis. Sein Kriminalroman "Idylle der Hyänen" wurde 2006 mit dem Buchpreis der Stadt München, dem Tukan-Preis, ausgezeichnet, der für "das formal und inhaltlich am besten gelungene Buch des Jahres" verliehen wird.

Daneben veröffentlichte Ani mehrere Jugendbücher, u.a. "Wie Licht schmeckt" (verfilmt von Maurus vom Scheidt) und "Das unsichtbare Herz". Seine Romane wurden bisher ins Spanische, Französische, Dänische, Holländische, Chinesische und Koreanische übersetzt. Friedrich Ani ist Absolvent der Drehbuchwerkstatt an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Er schrieb für die TV-Reihen "Tatort", "Stahlnetz", "Ein Fall für zwei", "Rosa Roth" sowie mehrere Fernsehspiele. Er lebt in München.

Friedrich Ani gab der Redaktion des SYNDIKATS ein persönliches und tiefes Interview

In deinem neuen Kriminalroman „Letzte Ehre“ geht es um männliche Gewalt, um sexuelle Ausbeutung und um Kindesmissbrauch. Es ist ein Thema, das immer wieder in deinen Romanen vorkommt. Was ist es, das dich dieses Thema immer wieder aufgreifen lässt.

Ich sammele keine möglichen Themen für Bücher, habe ich noch nie getan. Ich warte, was kommt, was mich umtreibt, was nicht mehr aus meinem Kopf und Herzen verschwindet. In meiner Welt, die ich beschreibe, sind Kinder und Jugendliche ständig anwesend, oft geschundene Kreaturen, dem Willen niederträchtiger Erwachsener ausgeliefert. Bestimmt spielen eigene Erlebnisse eine Rolle, aber autobiografisch  sind meine Geschichten dennoch nicht. Vielleicht schaue ich manchmal zu genau hin, dann bringen mich unendliche Wut und unendliches Mitgefühl zum Schreiben, zum noch genauer Hinschauen. 

Drastisch beschreibst du männliche Gewalt in allen Extremen. Wo und wie recherchierst du zu diesem Thema? - Hast du auch mit Opfern gesprochen?

Ja, ich spreche mit vielen verschiedenen Personen im Vorfeld eines Romans, begrenze meine Recherchen allerdings auf das Nötigste. Meine Figuren sind alle ich, das ist die einzig wahre Basis meiner Bücher.

Wie nahe sind deine Fälle an reale Fälle angelehnt?

Hin und wieder greife ich auf reale Fälle oder Ereignisse zurück, sie bilden dann eine Art Passepartout meiner Geschichten, Rankwerk der Fiktion.

Deine Dialoge sind bedrückend treffend, realitätsnahe, entlarvend. Wie kommst du dazu? - Sind es gar Männer-Gespräche, die du an Nebentischen belauscht? Oder ganz anderes? 

Ein Belauscher bin ich nicht, ich glaube, ich habe auch noch nie einen Dialog vom Nebentisch mitgeschrieben. Jetzt fällt mir ein: Doch, ich belausche meine Figuren, und ich notiere, was sie sagen, denken und fühlen. Meine Figuren haben immer recht, völlig egal, was im Exposé steht ...     

 Als AutorInnenvereinigung interessiert das SYNDIKAT natürlich auch immer der Schreibprozess. Dazu auch ein paar Fragen.
Wie entstehen die Ideen zu deinen Romanen?

Ideen entstehen beim Schreiben, vorher herrscht vor allem Nebel. Und die Ahnung einer Erzählung vom gebeutelten Menschen. Ich skizziere Schatten und hoffe, dass sie Figuren werfen, die ich erkenne.

Wie lange, wie intensiv ist bei dir der Prozess des Plottens?

Plot ist schwierig. Ich bin so Figuren-abhängig und brauche ziemlich lang, um die Story zu konstruieren. Und meist veränderte sich die eh im Laufe der geschriebenen Seiten.

Hast du einen bestimmten Schreib-Alltag?

Wenn ich an einem Roman schreibe, dann jeden Tag so ab acht bis in den Nachmittag. Das heißt, ich bin anwesend und lauf nicht weg. Manchmal entstehen drei Seiten, manchmal fünf, eher selten acht bis neun.

Wie oft in etwa überarbeitest du deine Romane?

Das Manuskript, das ich an den Verlag schicke, ist meist die vierte oder fünfte Fassung. Bei "Letzte Ehre" waren Dramaturgie und Figurenführung extrem schwierig für mich, ich war kurz davor, alles sein zu lassen. Viel zu viel Personal und seltsame Sprünge. Irgendwann habe ich drei Hauptfiguren gestrichen, und es haute immer noch nicht hin. Auch mein Lektor wusste nicht weiter. Ich fing immer wieder von vorne an, immer wieder mit denselben Fehlern. Üble Erfahrung. Das gedruckte Buch ist die zehnte Fassung.

Vielleicht dürfen wir dir auch ein paar eher persönliche Fragen stellen? 

Welches ist dein Lieblingskrimi?

Es sind zu viele, einen herauszugreifen, wäre unangemessen.

Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?

Sehr, sehr schwierige Frage. Mann: Cornell Woolrich. Frauen: Liza Cody, Denise Mina, Candice Fox, Magdalen Nabb.

Warum bist du im SYNDIKAT?

Wo soll ich sonst sein? Ich bin Kriminalschriftsteller.

Dein Lieblingswort?

Äh? Meine Lieblingsprosa ist übrigens: "Bitte entnehmen Sie Ihr Geld".

Deine persönlich meist gehasste Frage?

Warum schreiben Sie Krimis und keine richtigen Romane?

»Friedrich Ani stattet die geschundenen und schweigenden Frauen mit einer Sprache aus, die dem Grauen ihrer Geschichten angemessen ist und ... die Würde der Opfer wiederherstellt, mit schmerzlicher Poesie.«
neue-buchtipps.de 20.05.2021

»Nur selten gibt es Hoffnungsschimmer. Aber dennoch gelingt es Ani, das Buch mit einem positiven Moment zu beenden. Ein intensiver Text findet so seine Abrundung.«
Allgemeine Zeitung 25.05.2021

»In Letzte Ehre ... trifft ein Hard boiled-Plot auf empathische Figurenzeichnungen, auf psychologisch feinsinnig konstruierte Dialoge und auf eine literarisch gehobene Sprache, die Friedrich Ani an keiner Stelle entgleitet, obschon er als männlicher Autor das Wagnis einer weiblichen Erzählstimme eingegangen ist.«
Jan Drees, Deutschlandfunk 10.06.2021

»In Friedrich Anis meisterhaftem Kriminalroman Letzte Ehre geht es um das, was Männer Frauen mit größter Selbstverständlichkeit antun.«
Sylvia Staude, NZZ am Sonntag 27.06.2021