"Monsieur Acheseau und der Mord im Sauerland-Express"
eine postfaktische Krimi-Parodie
Ruhrkrimi-Verlag
mit Roman-Outtakes
Anlässlich der Einweihung des ZugCafés im Sauerland-Express (RE 17) auf der Strecke von Warburg nach Hagen hat sich eine Gruppe illustrer Passagiere eingefunden. Als Sèrecule Acheseau, der berühmte Detektiv, durch einen Schrei geweckt wird, ist ihm sofort klar, was passiert sein muss: ein Mord - bestialisch vollzogen durch eine Vielzahl von Messerstichen. Nur... von einer Leiche fehlt jede Spur. Zusammen mit Monsieur Trouc (einem Bahn-Offiziellen) und Dr. Wilhelm Piepenbrink (ehemaliger Tierarzt, jetzt Flaschensammler) macht sich der Franzose, der auch schon den "Tod auf der Ruhr" aufgeklärt haben will, an die Lösung des Falls.
Das dazugehörige Theaterstück findet man unter:
"Mord im Sauerland-Express (RE 17)"
Fragen der SYNDIKAT-Redaktion an Wolfgang J. Gerlach
Wo schreibst du am liebsten?
Ich schreibe bei jeder Gelegenheit, am Schreibtisch, unterwegs, einfach überall…
Welches ist dein Lieblingskrimi?
Agatha Christie, „Mord im Orient-Express“
Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?
Klaus Heimann / Gisa Pauly
Warum bist du im SYNDIKAT?
Antwort: zum Austausch mit Gleichgesinnten
Dein Lieblingswort?
„Ach so“ (aber französisch ausgesprochen: „Acheseau")
Dein Sehnsuchtsort?
Das Emsland
Wo findest du Ruhe?
Eben dort
Wo Aufregung?
Aufregung kann ich gar nicht ab.
Fahrplanmäßig?
»Ach so!«
Es klang sehr französisch, aber die übrigen Reisenden
auf dem Bahnsteig in Marsberg standen zu
weit entfernt, als dass sie das hätten hören können.
Außerdem unterhielten die beiden Frauen sich sehr
angeregt. Bei den drei Männern hingegen redete nur
einer, der mit der Sechziger-Jahre Hornbrille.
Auch bis zu dem auf der anderen Seite leicht abseits
von ihnen rastlos auf und ab schreitenden Kirchenmann
drang das nicht durch. Die wenigen übrigen
Wartenden waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
»Ach so!«
Bedächtig fuhr der kleine Finger der rechten Hand
über die Liste der Einträge hinter der welligen Kunststofffolie.
Die winzigen Regentropfen, die er dabei zu
schmalen Rinnsalen zusammenschob, trickelten hinter
den unteren Rand des angerosteten Fahrplanrahmens.
»Alors... Um 21 Uhr 38 losgefahren... Dann ist er um
eine Minute vor zehn hier. Bis Brilon Wald braucht der
Zug einundzwanzig Minuten.« Ein kurzer Blick auf
die goldene Armbanduhr reichte nicht aus. »Und nach
weiteren acht Minuten kommen wir in Olsberg an. Bis
Hagen sind es insgesamt zwei Stunden und vier
Minuten. Gar nicht mal so petit, ce Sauerland.« Akribisch
wischte der mittelgroße Fremde das Regenwasser
vom Sichtglas seiner Patek Philippe-Sonderimitation.
Zwecklos. Dass ihm das Wasser über die
gelackten Haare in den Trenchcoatkragen rann, schien
ihn hingegen weniger zu irritieren. Denn Hauptsache,
der Schnurrbart blieb in Form.
Die Sonne war dabei, sich zur Ruhe zu begeben; die
Dämmerung hatte eingesetzt. Doch die dichte Wolkendecke
verheimlichte all dies fast vollständig. Trotz des
stärker werdenden Niederschlags flanierte derweil ein
seriös gekleideter Mittsechziger mit einer gelben Plastiktüte
das von einigem Unkraut durchsetzte Betonpflaster
des schmalen Bahnsteigs entlang und kontrollierte
minutiös, erkennbar gut gelaunt, die schäbigen
Mülleimer auf 8-, 15,- oder 25 Cent-Fundstücke aus
braunem Glas, PET oder Weißblech.
»Ich hätte ja gerne noch ein paar Tage länger hier
Urlaub gemacht.« Er verstaute das Handy wieder in
der linken Hosentasche. »Diese Textnachricht
indessen...« Gedankenverloren zwirbelte er nacheinander
die nach unten gebogenen Enden seines
gelb-blonden Walross-Schnäuzers. Die gerade
angesprungene Bahnsteig-Beleuchtung nahm davon
keine Notiz.
Sein Gesprächspartner lächelte und schaute seinerseits
auf die Uhr.
»Ich bezweifle, das wir hier in Marsberg pünktlich
abfahren werden, mon vieux.«
»Ich habe immer gedacht, Reisende soll man nicht
auffalten.« Er hatte das mit dem aspirierten »H« der
französischen Sprache schon in der Grundschule nicht
verstanden.