Monsieur Acheseau und der Schatz im Sorpesee
eine postfaktische Krimi-Parodie
Ruhrkrimi-Verlag
mit Nachvertonungen
Manch (interessiert vornüber) geneigte Leser:innen mögen es mit Spannung erwartet haben: Sèrecule Acheseaus zweites Abenteuer, in das er natürlich wieder unvermutet hineingezogen wird. Gleichwohl...
Im Western was Neues, denn das Sauerland ist definitiv einen Roadtrip der besonderen (natürlich wieder postfaktischen) Art wert, auch wenn Messer, Kugeln, Kriegsbeile… Und der Schatz? Findet Acheseau ihn vor dem Oberst und seinen Tramps? Von Meschede aus geht es über viele Stationen bis zum Sorpesee.
Wolfgang J. Gerlach hat mit Monsieur Acheseau einen Typ von Detektiv geschaffen, der so gar nicht in das Schema berühmter Meisterdetektive passt (auch wenn er den Anspruch erhebt) und der schon eine sehr spezielle Art hat, sich sprachlich auszudrücken. Um mit Curt Goetz zu sprechen: „Fremdworte sind Glückssache.“
Fragen der SYNDIKATS-Redaktion an Wolfgang J. Gerlach
Wo schreibst du am liebsten?
Ich schreibe bei jeder Gelegenheit, am Schreibtisch, unterwegs, einfach überall…
Welches ist dein Lieblingskrimi?
Agatha Christie, „Mord im Orient-Express“ .
Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?
Klaus Heimann / Gisa Pauly.
Warum bist du im SYNDIKAT?
Zum Austausch mit Gleichgesinnten.
Dein Lieblingswort?
„Ach so“ (aber französisch ausgesprochen: „Acheseau“).
Dein Sehnsuchtsort?
Das Emsland.
Wo findest du Ruhe?
Eben dort.
Wo Aufregung?
Aufregung kann ich gar nicht ab.
Leseprobe
Gefangennahme
Ein Haus weiter wurde Fall auf Knall die Tür aufgerissen, und ein Mann in schwarzer Hose, weißem Hemd mit schwarzen Ärmelschonern sowie einer... Wie sollte man das Teil bloß nennen? ...einer ebenfalls schwarzen Schirmmütze ohne Mütze stolperte rücklings quer über die Bretter, die den Bürgersteig bedeuteten, die zwei Stufen zur staubigen Straße hinunter, wo der Bankangestellte der Länge nach hinfiel. Unmittelbar hinter ihm stapften Springerstiefel, deren obere Hälfte von aufgerollten Nankinghosenbeinen mit Camouflage-Muster verdeckt wurden, aus dem Bankgebäude. Auch den Rest kannte Monsieur Acheseau. Er musste nicht erst das rote Fransen- oder gar das Strunztuch begutachten. Der Oberst! Zum ersten Mal stand er seinem Widersacher gegenüber... Na ja, nicht ganz, weil Oberst zu Unterst von Dannen nur Augen für den Kassierer hatte.
»Ich sag das nicht noch einmal... Du machst jetzt den Tresor auf und packst sämtliche Lohngelder in die bereitgelegten Plastiktüten...«
»Erstens gibt’s in dieser Bank keinen Tresor, demzufolge natürlicherweise keine Lohngelder. Und zum zweiten: Plastiktüten benutze ich prinzipiell nicht. Da können Sie sich auf den Kopf stellen!«
»Erzähl keinen Mist! Meine Leute haben das ausgekundschaftet.«
Der Kassierer hatte sich aufgerappelt und notdürftig den Staub von der Kleidung geklopft.
»Weiß ich, was für Leute Sie beschäftigen? Ich an Ihrer Stelle würde aber klugerweise darauf achten, mit welchen Freunden ich mich umgebe...«
»Lauf, wenn dir dein Leben etwas wert ist.« Der Oberst war nicht amused.
Während der um sein Leib und Leben Besorgte die Forderung in die Tat umsetzte, fand der Anführer der Tramps Zeit, zwei Blicke zu werfen. Der nach rechts hatte nichts für ihn Interessantes im Angebot, der nach links veranlasste ihn, seine Kumpane heranzupfeifen, die stante pede vor der Tür erschienen.
»Na, wen haben wir denn hier?« Der Oberst setzte ein äußerst süffisantes Grinsen auf. »Waren wir nicht auch auf dem Schiff?«
Die Seinen machten es wie er und stemmten die Fäuste in die Seiten.
Acheseau war nicht in Konservationslaune.
»Hast du die Sprache verloren, Kollege?« Der Ton wurde schärfer, das Grinsen auf den Visagen der Tramps breiter. Endlich gab es wieder eine amüsante Einlage Ihres Chefs.
»Dann eben noch mal die Frage: Waren wir nicht auch auf dem Schiff?«
Acheseau zuckte die Schultern. »Eigentlich müssten Sie in Ihrem Alter das noch selbst erinnern können.«
»Auch noch frech werden?« Er wandte sich an Leo und Rolli-Olli: »Schnappt ihn euch, Männer. Ich überlasse ihn euch. Bindet ihn! Tut mit ihm, was ihr wollt.«
Acheseau wusste, dass Fortlaufen eine zeitlich sehr begrenzte Lösung darstellen würde.
Der Sparschrank
Acheseau blickte sich ebenso suchend um. Den Sparschrank neben der Eingangstür hatte er beim Hereinkommen noch nicht bemerkt. Jetzt schien dieser ihn irgendwie anzuziehen. Das Augenmerk starr auf die grün-metallene Türchenkalendervariation gerichtet, näherte er sich konzentriert. Der Kadettfahrer trat einen Schritt zur Seite, denn keinesfalls mochte er die Ermittlungen behindern.
»Das hier ist ein Sparschrank, oder?« Die zartfühlenden Hände des Detektivs tasteten einige der vierzig waagerechten Schlitze auf der Vorderseite ab.
»Jaa...« Die Antwort zog sich irgendwie.
»Und jeder im Verein kann jederzeit einige Münzen hineinwerfen...«
Keine Reaktion.
Unbeirrt wanderten die feinfühligen Hände weiter, umfuhren die Kanten des modernen Gruppen-Sparstrumpfs.
»...aber nicht herausnehmen.«
»Garantiert nicht. Leerung ist jeweils zum Monatsende.«
Als die Fingerkuppen des Detektivs an der Unterseite entlangglitten, fühlten sie ein Hindernis.
»So ist das also...«
»Was denn?« Schorschens Stimme klang ein bisschen verlegen, als er die Hand vom Mund nahm.
»Schau mal hier unten...« Er bückte sich ein wenig. »...an der Unterseite... Das ist Plastiksprengstoff. Er ist sogar noch weich. Irgendwie müssen die Täter bei ihrem Einbruch gestört worden sein, sonst hätten sie sicherlich den Sparschrank gesprengt.«
Der Kadettfahrer nutzte die Gelegenheit, das alukaschierte Papier seines neuen Kaugummistreifens verschämt in der Hosentasche zu entsorgen..