Terrorballade
Roman
Alexander Pfeiffer
Edition Outbird
Sänger ist arbeitslos. Filmvorführer war er mal, Privatdetektiv will er nicht sein. Und doch halten ihn manche für genau das. So auch die Frau, die ihn bittet, ihren einstigen Geliebten Robert „Robby“ Zimmermann aufzuspüren. Ein Auftrag mit reichlich Sprengkraft, denn Robby hat als V-Mann einst Zugang zur Roten Armee Fraktion (RAF) gefunden und für den entscheidenden Schlag des Verfassungsschutz gegen die führenden Mitglieder der dritten Generation der „antiimperialistischen Stadtguerilla“ gesorgt. Seit 1993 ist er im Zeugenschutzprogramm des Verfassungsschutzes abgetaucht.
Die Suche nach Robby führt Sänger von Wiesbaden nach Hamburg und wieder zurück – und nicht zuletzt tief in die eigene Vergangenheit. Seine unkonventionellen Ermittlungsmethoden und die hochprozentige Ehe mit seiner frisch angetrauten Frau, der Journalistin Marlene, halten ihn dabei auf Kurs.

© Felix Ostermann
Alexander Pfeiffer
Geboren 1971, lebt als freier Autor, Literatur-Veranstalter, Moderator und Leiter von Schreibwerkstätten in Wiesbaden.
Von 2007 bis 2014 hessischer Landesvorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS), 2009 bis 2012 Jurysekretär für den Friedrich-Glauser-Preis (Krimipreis der Autoren) in der Sparte Debüt. Freier Mitarbeiter des Wiesbadener Literaturhauses Villa Clementine für das Wiesbadener Krimistipendium und den Wiesbadener KrimiMärz.
Neben drei Bänden mit Kurzgeschichten und vier Gedichtbänden veröffentlichte er die Wiesbadener Krimi-Trilogie „Im Bauch der Stadt“ (2005), „So wie durchs Feuer hindurch“ (2006) und „Das Ende vom Lied“ (2008 – alle Societäts Verlag, Frankfurt). Von 2010 bis 2012 gab er die Anthologiereihe „KrimiKommunale“ (Kommunal- und Schul-Verlag, Wiesbaden) heraus. 2014 erhielt er den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte Kurzkrimi für die Geschichte „Auf deine Lider senk ich Schlummer“ (aus: "Küche, Diele, Mord", KBV). 2016 erschien der erste Kriminalroman um den Filmvorführer Sänger unter dem Titel "Geisterchoral" (Emons Verlag, Köln), 2024 der zweite unter dem Titel "Terrorballade" (Edition Outbird, Gera).
Fragen der SYNDIKATS-Redaktion an Alexander Pfeiffer
Wo schreibst du am liebsten?
An meinem Schreibtisch. Klingt vermutlich langweilig, ist aber total praktisch.
Welcher ist dein Lieblingskrimi?
Muss ich mich tatsächlich auf einen festlegen? Zuletzt wirklich umgehauen hat mich „Das Ende der Welt“ von Sara Gran.
Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?
Das geht jetzt aber wirklich nicht. Wenn ich eine/n nenne, bleiben viel zu viele ungenannt.
Warum bist du im SYNDIKAT?
Wegen der vielen liebgewonnenen Kolleginnen und Kollegen.
Dein Lieblingswort?
Kira.
Dein Sehnsuchtsort?
Barcelona.
Dein Lieblingsgetränk?
Ein kaltes Bier auf trockenen Rachen.
Dein Lieblingsmord?
Alles mit Schusswaffen und fehlgeleiteten Leidenschaften.
Wo findest du Ruhe?
In mir selbst. Manchmal.
Wo Aufregung?
Beim Boxen.
Deine persönlich meist gehasste Frage?
„Warum bist du so still?“ (Mir würden aber auch noch ein paar andere einfallen.)
Rezension
„Kulturzeit“ (3Sat, 8.3.2024): https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/krimibuchtipp-alexander-pfeiffer-terrorballade-100.htmlLeseprobe
Sänger lehnte am Tresen eines Cafés in der Neugasse und wartete darauf, dass Marlene ihre Urlaubseinkäufe beendete, als eine Frau, die mit drei anderen Leuten an einem Tisch gesessen hatte, aufstand und zu ihm herüberkam. Sie war ein bisschen älter als er selbst, mager, mit breiten Hüften und strähnigen Haaren.
»Du bist doch Sänger?«, fragte sie.
Sänger nickte.
Sie lächelte entschuldigend. »Ich dachte gerade, der dünne Mann da an der Bar, den kenne ich doch.«
Sänger nahm einen Schluck aus seinem Glas und musterte sie. Er nahm noch einen Schluck und musterte sie noch ein bisschen mehr. Dann sagte er: »Bettina?«
»Dein Gedächtnis funktioniert noch ganz gut«, grinste sie. »Auch wenn du dir vormittags schon Whisky reinkippst. Oder ist das Apfelsaft?«
Sänger fletschte die Zähne zu einem Lächeln, das ihn wie den Wolf aussehen ließ, der gerade das Rotkäppchen verspeist hatte. Er wischte nach einer dunklen Strähne, die in seine Stirn hing. Sie wippte nach oben und direkt wieder in Richtung seiner rechten Augenbraue, wie ein loses Drahtende.
Bettina hob den Blick, schaute zu ihm auf. »Du hast letzte Woche geheiratet, richtig?«
Jetzt bewegten Sängers Haare sich alle auf einmal nach oben, seine Pupillen hinterher.
Bettina lachte. »Ich hab’s in der Zeitung gesehen. Ihr wart das ‚Brautpaar der Woche‘: die Journalistin und der Detektiv.«
»Ich bin kein Detektiv.«
»Die Zeitung sagt was anderes.«
»Du weißt ja, was sie über die Zeitungen sagen.«
»Was denn?«
»Es fängt mit L an. Und geht mit Ügenpresse weiter.«
Ihre Augen verzogen sich zu schmalen Schlitzen. »Hältst du’s jetzt etwa mit denen?«
Sänger schüttelte den Kopf. »Ich konnte damals mit eurem linken Quark nichts anfangen. Aber der war mir im Rückblick dann doch sehr viel lieber als der rechte Quark, den heute manche für Widerstand halten.«
Sie nickte. »Erinnerst du dich an Robby?«
Sänger legte den Kopf schief. »Der einzige Robby, der mir einfällt, ist vor mehr als zwanzig Jahren spurlos verschwunden. Letzter bekannter Aufenthaltsort: Bad Kleinen. Die Zeitungen nannten ihn, glaube ich, den Mann, der die RAF besiegte.«
»Den meine ich.«
»Ja, ich erinnere mich.« Sänger hob sein Glas, nippte daran. »Robert Zimmermann. Du hattest was für ihn übrig, damals. Bevor bekannt wurde, dass er ein V-Mann des Verfassungsschutz war.«
»Niemand von uns wusste das.«
»Klar. Sonst hättet ihr ihn sofort exkommuniziert. Bevor er die antiimperialistische Stadtguerilla auf den Komposthaufen der Geschichte befördern konnte.«
Ihre Augen verdunkelten sich. »Vielleicht hast du nie daran geglaubt, dass sich der Kampf lohnt. Viele andere haben daran geglaubt. Sogar Robby.«
»Meinst du?« Sängers rechter Mundwinkel zuckte leicht. »Bestimmt hat er geglaubt, dass er der Welt einen Gefallen tut. Vielleicht hat er das sogar getan.«
»Ich habe einen Brief von ihm bekommen«, sagte Bettina.
Sänger machte große Augen. »Was? Einen Brief? Von einem untergetauchten Spitzel des Verfassungsschutz? Ich dachte, den hätten sie mit einer neuen Identität ans andere Ende der Welt verfrachtet.«
»Nicht ganz so weit anscheinend. Auf dem Brief ist ein Poststempel aus Deutschland. Ich würde gerne in Erfahrung bringen, ob Robby tatsächlich da lebt, wo der Brief aufgegeben wurde. Was er heute macht, wie es ihm geht.«
Das SYNDIKATS-Gewinnspiel
Hier kommt die Frage: In welchem Jahr verkündete die Rote Armee Fraktion (RAF) ihre Auflösung? Zu gewinnen gibt es ein Exemplar des Romans „Terrorballade“. Sendet eure Antworten bitte bis zum 26.9.2024 per E-Mail