Zefix halleluja!
Kriminalroman
Katharina Lukas
Gmeiner-Verlag
Taschenbuch
Katharina Lukas
Die religiös geprägten bayerischen Flüche sind ein Faible von Katharina Lukas, insbesondere deren gottesfürchtige Abwandlungen. Die gebürtige Niederbayerin studierte in München Philosophie, lebte einige Jahre in London und schrieb als Journalistin über Stars, Film, Musik und Mode. 2021 veröffentlichte sie ihren ersten Krimi »Sacklzement!« um die trinkfeste Cold-Case-Reporterin Gundi Starck. »Herrschaftszeiten no amoi!« (2022) und »Zefix halleluja!« folgten. In ihren Krimis nimmt sie die bayerische Lebensart derb-humorvoll aufs Korn. Heute lebt sie mit ihrem Mann, einem Musiker, in München.
Live-Lesungen (5 Min.): https://www.youtube.com/@katharinalukas7277
https://www.gmeiner-verlag.de/autoren/autor/1397-katharina-lukas.html
Fragen der SYNDIKATS-Redaktion an Katharina Lukas
Wo findest du Ideen?
Auf der Auer Dult.
Welcher ist dein Lieblingskrimi?
Ich mag es, wenn die Bosheit etwas Kleinkrämerisches hat.
Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?
Karl Valentin.
Warum bist du im SYNDIKAT?
Weil die Andern mich inspirieren.
Dein Lieblingswort?
Na passt eh.
Dein Sehnsuchtsort?
München, unter Kastanien.
Dein Lieblingsgetränk?
Weißbier.
Dein Lieblingsmord?
Immer der, den ich mir gerade ausmale.
Deine persönlich meist gehasste Frage?
“Bist du Gundi Starck?“
Leseprobe
»Wenn du was über den Weimerhof wissen willst, frag den Moshammer«, hatte Mariele gesagt. »Der kennt die ganzen alten Geschichten von Hintersbrunn.«
Wie die Wirtin vorhergesagt hatte, war er Punkt zwölf in der Gastwirtschaft aufgetaucht. Er schien Gundi nicht zu bemerken, als sie sich zu ihm an den Tisch setzte.
»Griaß di, Edi«, sagte sie, aber der Greis starrte regungslos in sein Bierglas.
»Griaß di, Edi«, wiederholte sie deshalb lauter und beugte sich dabei nahe an das unglaublich lange Ohr des alten Mannes.
»Schrei ned a so!«, antwortete er und sah auf.
»Kennst mich noch, Moshammer?«, fragte Gundi und blickte in unerwartet klare Augen, hinter denen es offensichtlich zu rattern begann. »Ich bin die Bäcker-Gundi«, half sie ihm auf die Sprünge.
»Kenn di schon noch«, murmelte der alte Mann in sein Bier.
Das war also geklärt.
»Wie geht’s dir denn?«, begann Gundi das Gespräch und erhielt keine Antwort. Sie wusste es eigentlich besser. Höflichkeitsfloskeln waren in einem niederbayerischen Wirtshaus, wo man sich mit einem wortlosen Klopfen auf den Tisch begrüßte, unangebracht.
»Ich wollt dich was fragen«, verbesserte sie sich, sicherheitshalber nur ein klein wenig lauter. Diesmal traf sie den richtigen Ton, denn der Greis nickte. »Was weißt du über den Weimerhof?«
Der Alte runzelte die Stirn. »Ist nie ein Gut gewesen auf dem vermaledeiten Hof.«
»Der Hackl-Toni hat seine ganze Familie mit der Axt erschlagen und anschließend Selbstmord begangen«, sagte Gundi. »Weißt du, warum?«
Er sah sie an, als wäre sie nicht ganz gescheit. Gundi rechnete kurz nach. Moshammer musste schon ein erwachsener Mann gewesen sein, als der Mord in den 1970er-Jahren geschah. »Hast du den Toni, also den Anton Hundhammer, gekannt?«
Der Moshammer Edi nickte bedeutungsschwer mit dem Kopf. »Haben sich alle gegen den Hof nicht wehren können.«
»Erzähl mir vom Toni vor dem Mord. Was war der für ein Mensch?«
»Narrisch ist er gewesen, wie alle auf dem Hof.«
»Seelisch krank, meinst, oder?«
»Ned krank. Verflucht.«
Gundi staunte. »Ein Fluch?«
»Der wo alle auf dem Weimerhof zu Deifeln gemacht hat, den Vater und den Sohn.«
»War der Vater etwa auch schon ein Mörder?«
»Jeder Bua hat Hand an sein Vater g’legt.«
Gundi überkamen Zweifel. Egal, was Mariele sagte. Sie hatte es vermutlich mit einem Märchenerzähler zu tun, der die Schauergeschichten, mit denen jedes niederbayerische Dorf aufwarten konnte, mit der Realität verwechselte.
Trotz ihres aufkeimenden Misstrauens fragte sie weiter. »Was war das für ein Fluch, Moshammer?«
»Hat immer wieder ein Unglück gebracht über alle, die wo auf dem Hof gewohnt haben. Auch über den Vater vom Toni.«
»Was erzählt man sich denn vom Vater des Hackl-Toni?«
»Ich hab’s selber schreien gehört, damals, wie der Stadel brennt hat.«
»Ein Feuer? Wann war denn das?«
»Ich war no a Bua. Im Krieg war des.« Moshammer schüttelte den Kopf. »So viel arme Seelen!«
»Was ist denn passiert im Krieg?«
Moshammer runzelte die Stirn. Man sah ihm an, dass er tief in seinem Gedächtnis graben musste. »Aus Dachau sind die weg, wie die Amerikaner kommen sind.«
»Ich mein, wie kam es zu dem Brand?«
»Die haben sich versteckt g’habt. Vor die Nazis. Aber der Vater vom Toni, der hat sie eing’sperrt und den Stadel anzündt. 13 schwarze Leichen haben’s nachher g’funden. Kinder auch.«
Gundis Alarmglocken schrillten. Ein Mord in Hintersbrunn in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs hatte vor einigen Jahren ihr bisheriges Leben aus den Angeln gehoben. War sie einer weiteren Gräueltat – diesmal an den Opfern der Todesmärsche aus Dachau – auf der Spur?
Plötzlich fiel ein Schatten auf den Tisch und Gundi fuhr zusammen, als ob ihr ein Gespenst auf die Schultern geklopft hätte. Mariele stand hinter ihr und verdunkelte das Tageslicht.
»Ich hab mir gedacht, dass ihr zwei Ratschkathln vielleicht eine Schmier braucht’s«, verkündete sie lächelnd, in den Händen eine frisch gezapfte Halbe für Moshammer und eine Weißbierflasche für Gundi direkt aus der Kühltheke. Das Kondenswasser an der Flasche glitzerte appetitlich.
»Vergelt’s Gott, Mariele«, sagte Moshammer. Sein Gesicht war fahl geworden. »Hat noch nie ein Gut getan, auf dem Hof«, murmelte er.
»Der ist jetzt müd«, erklärte die Gastwirtin mit Blick auf ihren betagten Gast. »Und alt.«
Sie behielt recht. Auf weitere Nachfragen reagierte der steinalte Mann nur noch mit Kopfschütteln und unverständlichem Murmeln. Sein Blick war trüb geworden, und aus dem Greis war kein vernünftiges Wort mehr herauszubekommen. Gundi gab es für dieses Mal auf. Zwar vermischte sich bei sehr alten Menschen manchmal das wirklich Erlebte mit dem bloß Gedachten. Aber in den alten Dorflegenden steckte oft auch ein Körnchen Wahrheit. Sie beschloss nachzuforschen. Möglicherweise gab es in Hintersbrunn ein weiteres, längst vergessenes Verbrechen, das nie aufgeklärt wurde.
Das SYNDIKATS-Gewinnspiel
Der Buchtitel „Zefix halleluja!“ ist ein Zitat aus der Vertonung der humoristischen Kurzgeschichte „Ein Münchner im Himmel“. Wer ist der Verfasser dieser Satire?
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