Preisträger Kinderkrimi 2022
Der Preis in der Kategorie "Kinderkrimi" ist mit 2.000 Euro dotiert.

Die Preisträgerin 2022 wird am Samstag, den 21. Mai 2022, in einer großen Gala bei der CRIMINALE 2022 gefeiert.

 

Preisträgerin des GLAUSER 2022 in der Kategorie "Kinderkrimi":

Cornelia Franz: Calypsos Irrfahrt

Carlsen Verlag

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Cornelia Franz

Calypsos Irrfahrt

Carlsen Verlag 

Jury-Begründung:

Eigentlich hatte es für Oscar und seine Eltern ein fröhlicher Segeltörn auf dem Mittelmehr werden sollen, doch dann fischen sie zwei afrikanische Kinder aus dem Meer, deren Flüchtlingsboot untergegangen ist. Bei der darauffolgenden Irrfahrt durch die Hafenstädte mehrerer Anrainerländer müssen sie erfahren, dass sich niemand für diese Kinder zuständig fühlt. Das europäische Verbrechen gegenüber Flüchtlingen wird an diesem Fall eindrucksvoll, aber unpathetisch dargestellt.


Kriminalromane für Kinder haben meist Verbrechen zum Thema wie Diebstahl, Einbruch, Fälschungen, Kunstraub, Entführungen, entlaufene Haustiere oder Situationen wie z.B. Mobbing, wo die kindlichen Akteure für Gerechtigkeit sorgen. Doch davon erzählt Cornelia Franz in ihrer Geschichte von Calypsos Irrfahrt nicht, hier geht es um das größte aller Verbrechen, um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der etwa zehnjährige Oscar und seine Eltern werden mit dem Verbrechen konfrontiert, das die reichen europäischen Staaten an den Flüchtlingen aus den ärmeren Ländern begehen. Diese Länder haben ihre Grenzen geschlossen und sehen ungerührt zu, wie verzweifelte Menschen mit ihrem letzten Geld sich ein Platz in einem Boot verschaffen, um ihrer elenden Situation zuhause zu entfliehen, oft marode Boote, die sinken, deren ertrunkene Insassen irgendwann an die Küsten gespült werden oder versinken. Auch und immer wieder Kinder.

Eigentlich wollten der zehnjährige Oscar und seine Eltern die Sommerferien mit einem unbeschwerten Segeltörn auf dem Mittelmeer verbringen, doch dann fischen sie zwei schiffbrüchige afrikanische Kinder auf, Nala, etwa in Oscars Alter und ihr kleiner Bruder Moh. Sie haben als einzige ein Bootsunglück überlebt, bei dem ihr Vater ertrank. Zunächst gehen die Eltern davon aus, dass sie die Kinder in Kreta den Behörden übergeben können, doch die erklären sich für nicht zuständig, auch auf der Insel Kythira dürfen die Flüchtlinge nicht an Land, genauso wenig wie in einem größeren Hafen auf der Pelepones. Der Anruf bei der kongolesischen Botschaft in Athen ist ebenfalls erfolglos, da die Kinder keine Papiere haben und sich nicht ausweisen können. Auch auf den folgenden Inseln bleiben die Besuche bei den Hafenmeistern ohne Erfolg. Dann versuchen sie es in Palermo, wo sie sogar bis zum Bürgermeister vordringen, aber plötzlich sind die Flüchtlinge verschwunden. Erst auf hoher See entdeckt Oscar, dass sich die beiden im Boot versteckt haben und teils entsetzt, teils erleichtert fügen sich die Eltern in das Unvermeidliche. Schließlich landen sie in Mallorca, dem Ende ihrer Segeltour, wo sie auch das Boot abgeben müssen. Als der Vater einen Termin bei der Flüchtlingshilfe bekommt, wird Oscar klar, dass die beiden in ein Lager sollen. Er hat sich aber in den letzten Wochen seine neuen Freunde so liebgewonnen, dass er nicht ohne sie nach Deutschland zurückwill und mit den beiden nachts ausreißt. Aber auch bei seinen Eltern hat das wochenlange Zusammenleben mit den beiden afrikanischen Kindern etwas bewirkt: sie werden sie nach Deutschland mitnehmen. 

Der Autorin gelingt es, die Geschichte ohne Pathos oder Sentimentalität zu erzählen. Es gibt Missverständnisse, Fast-Unfälle, Wut und Verzweiflung und die Schilderung des Alltags an Bord, mit Uno-Spielen und Malen und Kabbeleien und Deutsch lernen. Auch bei den Eltern setzt ein Umdenkungsprozess ein: am Anfang wollen sie die Flüchtlinge nur möglichst rasch wieder loswerden und finden, dass es Aufgabe der Politiker sei, das Flüchtlingsproblem zu lösen. Doch die wachsende Nähe und Vertrautheit mit den unerwarteten Gästen an Bord tragen Früchte.

Natürlich ist das Ende der Geschichte rosarot, und wir können nicht alle ein Boot chartern und gefährdete Kinder aus dem Meer fischen, aber es ist herzerwärmend zu lesen, dass es hin und wieder gelingen könnte. Es ist ein Ende, dass sich alle Leserinnen und Leser wünschen würden, und es ist ein Kinderbuch: da geht die Geschichte allermeistens gut aus.

  


Zudem nominiert waren:

  • Jens Baumeister: Joscha & Marie und die Frage, wie man seine Eltern rettet ohne einen Urknall auszulösen
    Planet Verlag
  • Ute Krause: Papanini. Pinguin in Gefahr. Edel Books  


 

Jury:

Nina SchindlerElke PistorSabine Hartmann, Charlotte Habersack und Christina Bacher (Betreuung der Jugendlichen-Jury).

Die Leitung / Jury-Organisation liegt bei Erich Weidinger (Juryorganisation). 


(Die Aussschreibungen für das Jahr 2023 finden Sie hier.)