Die Preisträgerin 2023 wurde am Samstag, den 13. Mai 2023, im Rahmen der Criminale in Darmstadt verkündet und geehrt.
Preisträgerin des GLAUSER 2023 in der Kategorie "Kurzkrimi":
Christiane Dieckerhoff mit Bescherkind in: Wichtel, Wunder, Weihnachtmord. 24 Weihnachtskrimis von Kiel bis Wien
Christiane Dieckerhoff
(Foto © Ilona Voss)
Bescherkind
In: Wichtel, Wunder, Weihnachtmord. 24 Weihnachtskrimis von Kiel bis Wien (Knaur)
In einer kalten Winternacht kehrt die namenlose Protagonistin in ihr Heimatdorf Leipe in Brandenburg, zurück. Es ist eine melancholische Reise in die Vergangenheit, die von verlorener Liebe, geplatzten Träumen, Wiedervereinigung und einem Jugenddrama berichtet.
Die facettenreiche Welt von "Bescherkind" wirkt gelebt, alle Handlungsstränge sind perfekt miteinander verwoben. Ein Text so feinfühlig, so subtil und emotional wuchtig zugleich, dass er an Feinstofflichkeit grenzt und selbst steinerne Herzen zu erweichen vermag. Christiane Dieckerhoff ist nicht nur ein emotional packender Kurzkrimi, sondern auch eine moderne Liebesgeschichte ganz im Geiste der Weihnacht gelungen.
Außerdem nominiert waren:
- Thomas Kastura: Der Pakt. In: Wichtel, Wunder, Weihnachtmord. 24 Weihnachtskrimis von Kiel bis Wien
- Erwin Kohl: Braune Nächte. In: Schaurige Orte am Niederrhein. Unheimliche Geschichten.
- Günter Neuwirth: Die alte Rassel, seine gute Pumpe. In: Einmal kurz die Welt retten. Krimis.
- Elke Pistor: Venn. In: Tatort Eifel 8. Kriminelle Kurzgeschichten
In der "Kurzkrimi"-Jury für den GLAUSER 2023 waren: Raoul Biltgen, Mike Mateescu, Christiane Antons, Michael Thode und Andrea Nagele, Marlies Ferber (Juryorganisation).
(Die Aussschreibungen für das Jahr 2024 finden Sie hier.)
Thomas Kastura (Foto © Cornelia Daig-Kastura)
Der Pakt
In: Wichtel, Wunder, Weihnachtmord. 24 Weihnachtskrimis von Kiel bis Wien (Knaur)
Lennart steht als Kriegsheimkehrer auf der falschen, nämlich der Verliererseite. Das wissen seine früheren Nachbarn zu nutzen, denn sie wollen sich sein Hab und Gut und Land unter den Nagel reißen. Dafür muss Lennart sterben. Das weiß er, er wartet auf sie, die ihn ermorden wollen. Und er erfährt in letzter Minute Hilfe, von wo er sie am wenigsten erwartet hätte.
Thomas Kastura wirft diese zeitlos moderne Geschichte in den historischen Kontext des Jahres 1631 und erzählt in einer faszinierend präzisen Sprache von den letzten bangen Stunden eines Menschen, der sich seinem Schicksal ergeben hat. Das alleine ergibt schon einen hervorragenden, emotional mitreißenden Text. Kastura gelingen gleich mehrere Twists, die jeweils so konsequent durchgezogen werden, dass man nicht umhin kann, ihnen bis zum vielleicht überraschendsten aller möglichen Enden zu folgen. Ein außergewöhnlicher Krimi, und ein außergewöhnlich guter.
Erwin Kohl (Foto © Kohl)
Braune Nächte
In: Schaurige Orte am Niederrhein. Unheimliche Geschichten. (Gmeiner)
Der 15-jährige Gottfried Kiwitt wird 1944 von den Nazis eingezogen. Während eines Bombenangriffs verlässt er seine Einheit und sucht Schutz im Bunker bei seiner Mutter und den Schwestern. Von da an verkleidet er sich als Mädchen, um vor den Nazis sicher zu sein. Doch kurz vor Kriegsende droht eine Nachbarin, Gottfried zu verraten...
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Eingebettet in eine Rahmenhandlung, die in der Gegenwart spielt, erzählt Erwin Kohl einfühlsam die Geschichte einer Mutter und ihres Sohnes, die in einem diktatorischen Regime ums Überleben kämpfen. Dabei führt der Autor beeindruckend plastisch und nachempfindbar vor Augen, welche menschenverachtenden Dynamiken in einer von Rassenwahn und rechter Ideologie geprägten Gesellschaft entstehen. Es gibt kein richtiges Leben im falschen, sagt Adorno, und Erwin Kohl zeigt dies eindringlich: Seine Figuren sind gezwungen, schwere Schuld auf sich laden, selbst wenn sie moralisch richtig handeln. Eine Geschichte, die nachhallt!
Günter Neuwirth (Foto © Kurt Lhotzky )
Die alte Rassel, seine gute Pumpe
In: Einmal kurz die Welt retten. Krimis. (Gmeiner)
"Die alte Rassel, seine gute Pumpe" zieht die Leser:innen mit magischer Hand in ein Setting, in dem die Apokalypse nicht weit entfernt scheint. Windhosen wehen über verdorrtes Land, Nahrungsmittel sind knapp und fossile Brennstoffe verbraucht. In dieser lebensfeindlichen Welt hockt Guido von frühmorgens bis spätabends in seinem Tankstellenhäuschen. Kunden hat er lange nicht gesehen.
Eines Tages erscheinen drei Autos am Horizont - der Auftakt für eine mitreißende Handlung, die Guidos Leben einen ganz neuen Impuls geben wird.
Diese absurde und groteske Dystopie zieht die Leser:innen vom ersten Satz an in ihren Bann. Unkonventionell, konsequent und mit einem eigenen Sprachstil erzählt Günter Neuwirth eine Geschichte, die lange nachklingt.
Elke Pistor ( Foto © Maigut Fotografie)
Venn
In: Tatort Eifel 8. Kriminelle Kurzgeschichten (KBV)
"Ein Klischee ist deswegen ein Klischee, weil es schmerzhaft oft der Wahrheit entspricht."
Elke Pistor erzählt die Geschichte zweier Welten, und die von einer Freundschaft, die durch den Schrecken des Nine Eleven verbunden und nur durch den Tod zu trennen ist. Die menschlichen Abgründe, angesiedelt in einer betörend beschriebenen Landschaft, bleiben vorerst im diffusen Licht des umgebenden Moores verborgen.
Bedeutungslos die Skizze an der Oberfläche, verstörend das nur schwer Erfassbare.
Der Sog, in den einen die Erzählung zieht, erinnert an den dunklen Sumpf, in dem man zu versinken droht: eine eindringliche, tief berührende Kurzgeschichte, der sich die LeserInnen nicht entziehen können.
Für den GLAUSER-Preis, den Autorenpreis deutsche Kriminalliteratur 2023, konnten bis zum 30. November 2022 deutschsprachige Kriminalromane von Verlagen eingereicht werden, deren Erscheinungstermin zwischen Dezember 2021 und November 2022 lag (Originalausgaben).
Jury:
Raoul Biltgen, Mike Mateescu, Christiane Antons, Michael Thode und Andrea Nagele, Marlies Ferber (Juryorganisation)
(Die Aussschreibungen für das Jahr 2024 finden Sie hier.)