Der Preis in der Kategorie "Roman" ist mit 5.000 Euro in bar in nicht fortlaufend nummerierten Scheinen dotiert.
Die Preisträgerin 2023 wurde am Samstag, den 13. Mai 2023, in einer großen Gala im Rahmen der Criminale in Darmstadt verkündet und geehrt.
Preisträgerin des GLAUSER 2023 in der Kategorie "Roman":
Ellen Dunne: Boom Town Blues
Boom Town Blues (Haymon)
Foto © Orla Connolly
Zuerst passiert ein Mord. Dann gibt es eine Leiche in der österreichischen Botschaft in Dublin.
Drogenbanden kommen ins Spiel, skrupellose Immobilienhaie und Banken, unfähige Politik.
Es wird komplizierter, weitere Verbrechen geschehen, es passiert Überraschendes. Schließlich löst sich alles auf …»Boom Town Blues« von Ellen Dunne ist ein ganz normaler Krimi.
Und trotzdem ist er etwas ganz Besonderes. Die ersten zwei Sätze deuten es schon an:
»Die Stadt glitzert heute Abend. Funkelt wie die Augen eines Wahnsinnigen.«
Nach den ersten Seiten ist man sich sicher: Dieses Feuerwerk, das die Autorin hier sprachlich zündet, hält sie nicht durch.
Tut sie aber. Da blitzen Ironie auf und Sarkasmus, Intelligenz, Lebensfreude – und ganz viel Witz. Hier überfallen einen manchmal die Sätze von hinten und machen einen sprachlos. Im positiven Sinn. DAS macht das Buch zu etwas Besonderem. Es ist eine pure Freude, dieses Buch zu lesen. Man weiß nie, von woher man im nächsten Satz angefallen wird. Und freut sich darauf.
Außerdem nominiert waren:
- Frauke Buchholz: Blutrodeo (Pendragon)
- Linus Geschke: Das Loft (Piper)
- Jan Costin Wagner: Am roten Strand (Galiani)
- Inken Witt: Warten.Leben.Sterben (Piper)
In der "Roman"-Jury für den GLAUSER 2023 waren: Anja Marschalll, Ulf Kartte, Andreas Schäfer, Christof Gasser, Tommie Goerz (= Dr. Marius Kliesch) und Moni Reinsch (Jury-Organisation).
(Die Aussschreibungen für das Jahr 2024 finden Sie hier.)
Frauke Buchholz
Blutrodeo (Pendragon)
Foto © Claudia Fahlbusch/Pendragon Verlag
Der kanadische Profiler Ted Garner wird nach zwei Morden nach Calgary entsandt. Superintendent Samantha Stern, israelische Armeeveteranin, wird ihm als Teampartnerin zugeteilt.
Die Ermittlungen führen das ungleiche Duo zu einem Ölkonzern im Norden Albertas. Ölsandabbau ohne Rücksicht auf die Natur bildet die apokalyptische Kulisse für die Zeitreise in die Vergangenheit der Mordopfer.
Frauke Buchholz beschreibt authentisch und plastisch die verheerenden Umweltfolgen des Raubbaus. Vor allem erzählt sie aus eigener Erfahrung von den prekären Lebensverhältnissen der indigenen Bevölkerung in den Reservaten am Rande der verseuchten Mondlandschaften.
Geschickt ergänzt sie die Konflikte des Ermittlerduos mit Rückblenden der Opfer und Perspektivwechseln, sodass die Spannung bis zum überraschenden Showdown konsequent gehalten wird.
Der Autorin gelingt es hervorragend, die Dramatik eines modernen Kanada-Westerns mit der Weissagung der Cree zu verbinden:
"Erst wenn der letzte Baum gefällt ist ..."
Linus Geschke
Das Loft (Piper)
Foto © Marc Hillesheim/Piper Verlag
Ein schickes Loft in Hamburg. Ein Paar Anfang dreißig, Sarah und Marc, und ihr Mitbewohner Henning, Marcs bester Freund. Drei Jahre lang sind sie aufs Engste verbunden, teilen ihre Träume und Sehnsüchte. So scheint es zumindest. Dann aber wird Henning grausam ermordet, und sämtliche Spuren deuten auf Sarah und Marc.
Bereits im Vorwort fordert Linus Geschke seine Leser heraus. Er gibt einen Vorgeschmack auf den intensiven Drive, den die folgenden Seiten haben werden. Das Buch lässt niemanden los, bis die letzte Seite erreicht ist.
Der Roman um drei Freunde, die in einem hippen Hamburger Loft zusammenwohnen und von denen einer auf mysteriöse Weise stirbt, besticht. Durch einen raffiniert aufgebauten Plot und wechselnde Erzählperspektiven legt er einen sehr intimen Fokus auf die jeweilige Innensicht der Figuren. Keiner ist das, was er vorgibt zu sein.
Die Grundfesten des Genres, bestehend aus Moral, Vergeltung und Schuld, werden in diesem Buch auf immer wieder überraschende Art neu konstruiert und in Beziehung zueinander gesetzt. Elegant überschreitet der Autor die Grenze zwischen klassischem Ermittlerkrimi und Psychothriller. Ein Verwirrspiel mit knapper, bildhafter Sprache, dessen Auflösung selbst krimierfahrene Leser verblüfft. Kein Wort zu viel. Keines zu wenig. Hier war ein Könner am Werk.
Am roten Strand (Galiani)
Foto © David Biene
Eigentlich könnten die Ermittler Ben Neven und Christian Sander zufrieden sein: Im letzten Moment retteten sie ein entführtes Kind und brachten den Täter ins Gefängnis.
Doch jetzt stellt sich heraus, dass hinter ihm ein großes und gut organisiertes pädophiles Netzwerk steht.
Jan Costin Wagner gelingt mit „Am roten Strand“ ein aufwühlendes, aber auch sehr sensibles Buch über Kindesmissbrauch. In kurzen, fast zoomartigen Szenen beleuchtet er das Innenleben seiner Figuren. Dabei zeigt er, was die Missbrauchstaten bewirken: sowohl bei den Opfern als auch bei den Ermittlern, die emotional zutiefst involviert sind und von denen einer mit seinen Neigungen kämpft.
„Am roten Strand“ ist ein mutiger Roman, der nachhallt, der keine einfachen Antworten gibt. Wagner beschreibt in einer verstörend poetischen Sprache eine Realität, die wir oft am liebsten verdrängen würden.
Inken Witt:
Warten.Leben.Sterben. (Piper)
Foto © Silke Weinsheimer
Privatdetektivin Isadora Winter ist gut in Ihrem Job, denn sie kann warten, beobachten und anonym bleiben. Doch als Katharina Schneider ihre Hilfe sucht, bricht sie ihre eigenen Regeln. Sie schreitet ein, kurz bevor Katharinas Mann fremdgehen kann. Damit setzt sie eine verheerende Kette von Ereignissen in Gang. Wenig später ist Katharina tot. Isa glaubt nicht an einen Unfall. Sie lässt das Warten hinter sich und beginnt zu handeln. Dabei gerät sie selbst in tödliche Verstrickungen.
Inken Witt präsentiert mit klarer, schnörkelloser Sprache einen Krimi im Stil des traditionellen Noir-Genres. Vor dem Hintergrund der winterlichen Kulisse Berlins lösen sich Gewissheiten und Prinzipien auf. Ein harter Thriller, in dem sich menschliche Schwächen in Stärken verwandeln. Der Leserin, dem Leser bleibt nichts Anderes übrig, als sich mitreißen zu lassen.
Für den Glauser-Preis 2023 konnten bis zum 30. November 2022 deutschsprachige Kriminalromane von Verlagen eingereicht werden, deren Erscheinungstermin zwischen Dezember 2021 und November 2022 lag (Originalausgaben).
Jury:
Anja Marschalll, Ulf Kartte, Andreas Schäfer, Christof Gasser, Tommie Goerz (= Dr. Marius Kliesch) und Moni Reinsch (Jury-Organisation)
(Die Aussschreibungen für das Jahr 2024 finden Sie hier.)