REAL CASES - spannend, kurios, lustig und manchmal unglaublich, aber wahr!

Der (fiktive?) Polizist Andreas Müller erinnert sich in unserer „real-cases-Serie“ an seine polizeiliche Dienstzeit. Er blickt zurück auf „Streifengänge“ als Schutzpolizist und spektakuläre Ermittlungen bei der Kripo, aber auch auf „private“ Ereignisse im Beruf, die ihm sehr viel Spaß bereitet haben. Da Müller als NÖEB (nicht öffentlich ermittelnder Beamter) später bei verdeckten Ermittlungen im Drogenmilieu eingesetzt war, möchte er seine wahre Identität verbergen. Er bietet uns jedoch einen „unverblümten“ Blick hinter die Kulissen des Polizeialltags in jener Zeit „als die Polizei noch Käfer fuhr“. Müller (Gitarrist der ehemaligen Syndikatsband deren Name ja auch „Streng geheim“ war) möchte aus Angst vor Repressalien und drohenden Dienstordnungsverfahren (Verstoß gegen die „Ormetà“ und „Beschmutzung des Berufsstandes“) weiterhin „unter dem Asphalt leben“. Müller denkt an kuriose Begegnungen, außergewöhnliche Ermittlungsmethoden und effektive Überwachungsstrategien und an Menschen, die der Polizei nicht immer freundlich begegnet sind. Er ist „der festen Überzeugung“ (so reden Politiker auch immer) er sei stets „Freund und Helfer“ für Menschen in Notsituationen gewesen.

 Real Cases Folge 19

 

 

 

 


 

In der närrischen Jahreszeit steigen auch „Butze“ in die „Bütt“

Die fünfte Jahreszeit wirft ihre Schatten voraus und bald werden die ersten Jecken nicht nur in geschlossenen Räumen, sondern auch auf den Straßen tanzen, denkt Andreas Müller, als ihm bei der morgendlichen Lektüre der Rhein-Zeitung das Foto mit hübschen Mädchen einer Koblenzer Ballettschule über eine Karnevalssitzung nicht nur „ins Auge springt“. Der pensionierte Polizeibeamte erinnert sich noch gut an die Schwerdonnerstagsitzungen des CCPP (Carnevals-Club-Polizei-Präsidium) in der Kantine vom „Mutterhaus der Polizei“. Polizeipräsident Helmut Wintrich (auch Party-Präsident genannt) war „dem rheinischen Karneval freundlich gesinnt“ und genoss jedes Jahr seine Festnahme durch die Stadtsoldaten des Prinzen (siehe Foto). Und so begannen bereits Monate vor den närrischen Tagen –mit ausdrücklicher Erlaubnis des Dienstherrn während der regulären Dienstzeit - die ersten Vorbereitungen. Einige Karnevalsjecken entwarfen Büttenreden, andere probten akrobatische Tanzeinlagen und die Hausmeister kümmerten sich um Technik und Aufbau einer großen Bühne für den „Elferrat“. Besonders kreativ war Molly vom Erkennungsdienst, der nach einem Motiv der „Münz“ - dem berühmt berüchtigten Koblenzer Altstadt-Revier – mit Blick auf die „große Schwester“ in Hamburg „Koblenzer „Davidwache“ genannt – jedes Jahr außergewöhnliche Karnevalsorden „bastelte“. Diese Orden sind bei Koblenzer Karnevalisten immer noch als „Sammlerobjekte“ begehrt. Einer der Höhepunkte (sage man damals schon high-light?) war Müllers Auftritt mit dem CCPP-Trio, das jedes Jahr den „Bullenstall“ zum Toben brachte. Müller sammelte im „Berichtsjahr“ lustige (teils noch unbekannte) Ereignisse des vergangenen Jahres und schrieb Texte, die das Trio mit bekannten Songs und Karnevalsliedern auf der Bühne präsentierten.

Zu dieser als „närrischer Geheimtipp“ bekannten Veranstaltung (heute würde man Event sagen) wurden ausschließlich befreundete Behörden eingeladen. Nachdem jedoch im Zuschauerkreis mehrere „amtsbekannte“ Personen (Loddel, Luder und Lolitas) erkannt wurden, musste der Verkauf der Eintrittskarten und der Zutritt (gefälschte Karten?) kontrolliert werden, denn Müller hatte in einem Song das Leben einer bekannten Koblenzer Lebedame (datt  Kowelenzer Nitribitt, iss su goldisch in der Mitt).

Aber er hatte auch harmlosere Texte verfasst, unter anderem auf die Melodie „Heile heile Gänsche“ eines bekannten Karnevalslieds des Mainzer „Fassenachters“ Ernst Neger ein Schunkellied (Anmerkung. Neger darf man schreiben, weil es ein Familienname ist).

Wie schnell gieht doch e Johr vorbei, unn eh mir uns umsehn,

 iss Fassnacht wieder do, unn mir stien off der Bühn.

Dat Liedeche watt mir mitgebracht,

datt dot erst rischtisch klinge,

wenn alle Butze hei im Saal,

dä Refrain mit uns don singe:

 unn jetz kütt et:

KNEIF DIR IN DE BOBBES, STELL DICH OFF DE KOPP,

LOS DIE POPPE DANZE, WALZER UNN FOXTROTT.

DENN DAT KURZE LEWE GIEHT VIEL ZO SCHNELL VORBAII,

UNN WENN DE DANN BEIM PETRUS BISS, ISS AUS MIT NARRETEI! OLAU!

Anmerkung der Redaktion. SYNDIES, für die „Kowelenzer Platt“ eine Fremdsprache ist, und „Rechtschreibfahndern“ bietet der Autor eine Übersetzung an. Anfragen gerne per E-Mail 

 


 RC 19 LA 08 22 aus 06 21 Polizei Karneval 1979 02 Foto Gerd Schuth

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Gerd Schuth

 

 RC 19 LA 06 23 01 CCPP Quartett 1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jörg Schmitt-Kilian (ehem. Drogenfahnder und KHK a.D.) hat zahlreiche Bücher (u.a. einen SPIEGEL-Bestseller, mit Uwe Ochsenknecht verfilmt) und Themenhefte zur Früherkennung und Bewältigung von Krisensituationen (Drogen, Gewalt, school-shootings) mit einer Gesamtauflage von mehr als einer halben Million Exemplare geschrieben. Im September ist ENTFÜHRT der vierte Krimi seiner Serie „Neben der Spur“ erschienen.